Lautes Schluchzen drang durch die weit geöffnete Himmelspforte. Ein
kleiner blonder Weihnachtsengel saß auf einer Wolke und wischte sich dicke Tränen aus dem Gesicht. Seine Stupsnase war vom vielen Schniefen ganz rot.
Die älteren und klugen Weihnachtsengel wussten, warum Gabriel, so hieß
der kleine Engel, weinte. Das Christkind hatte ihm befohlen, alle Spielsachen von Saras Wunschliste in die Geschenkevorrats-kammer zurückzutragen. Die Weihnachts-wichtel sollten dort alles wieder
in die Regale legen und Saras Wunschliste anschließend zerreißen.
Gabriel stellte sich vor, wie traurig Sara am Heiligen Abend sein
würde, wenn sie statt der Geschenke unter dem geschmückten Weihnachtsbaum nur einen kurzen Brief vom Weihnachtsengel finden würde. „Liebe Sara, ich habe dich schon im letzten Jahr gewarnt. Du
erinnerst dich an meinen Brief an eurem Weihnachtsbaum. Du hast dich nicht an die Regeln gehalten. Deshalb bekommst du in diesem Jahr keine Geschenke. Dein trauriger Weihnachts-engel.“ Noch zwei
dicke Tränen kullerten über die rosigen Wangen des Engelchens und tropften auf den Himmelsfußboden.
Natürlich hatte das Christkind richtig entschieden. Die unartige Sara
wollte sich im vergangenen Jahr nie an die Vorschläge des ersten Weihnachtswarnbriefes von Gabriel halten. Sara lernte nicht gut in der Schule, wollte nie üben, war oft zornig und gemein zu ihren
Eltern und anderen Kindern. Sie lachte schadenfroh, wenn andere Kinder Fehler machten. Sara wusste immer alles besser, war altklug und vorlaut.
Bei diesem Benehmen wartete das Christkind nach dem ersten Brief
geduldig ein Jahr ab. Es stand früh auf und schaute Sara bereits beim Frühstück zu. Dann warf es einen Blick ins unaufgeräumte Kinderzimmer. Ab und zu ging das Christkind heimlich in Saras
Schulklasse und beobachtete die Kleine beim Spielen. Zum Abendessen, das Sara ewig lange hinauszögerte, um nicht ins Bett zu müssen, flog es kurz vorbei. Dann traf das Christkind die schwere
Entscheidung: „Keine Weihnachtsgeschenke für Sara!“
Die älteren Weihnachtsengel kannten Gabriels Kummer. Jeder von ihnen
war schon am 23. Dezember mindestens einmal so traurig gewesen. Sie alle mussten dem Christkind gehorchen, auch wenn das der allerschlimmste Befehl für die Engelchen war.
Natürlich fügte sich auch Gabriel dem Christkind. Der kleine
Weihnachtsengel nahm ein sauberes weißes Taschentuch aus seinem Kleidchen, wischte sein tränennasses Gesicht ab und wandte sich der nächsten Wunschliste zu.
Dennis war lieb zu seinen Eltern und Freunden. Seine
Wünsche sollten am Heiligen Abend in Erfüllung gehen. Der Weihnachtsengel Gabriel lächelte glücklich. Er stellte sich vor, wie Dennis mit seinen Eltern am heiß ersehnten Auto bastelte und die
neue Musik-CD abspielte, die er sich sehnlichst gewünscht hatte.