Schutzengel in Wolken

Himmlischer Trost

Ein anstrengender Tag war endlich vorbei. Bei heftigem Schneegestöber hatte Michael länger als die anderen Schutzengel gebraucht, um seinen himmlischen Auftrag vor dem Kindergarten zu erledigen. Bis zum Weihnachtsfest wartete er dort, um notfalls helfend einzuschreiten. Glücklicherweise war heute nichts passiert, obwohl einige Kinder sich mit Schneebällen beworfen, mitten auf der Spielstraße Schneeengel gemacht und einen dicken Schneemann gebaut hatten.

Am besten gefiel es Michael, wenn die Kleinen voller Vorfreude vom Nikolaus und vom Christkind sprachen. Schnell wusste er von ihnen, dass sie ein klein wenig Angst vor dem Nikolaus und seinem Begleiter, dem Knecht Ruprecht, hätten. Er beobachtete, wie ein kleines Mädchen ihrer Freundin ihre Winterstiefel zeigte, die sie am Nikolausabend vor die Tür stellen wollte – natürlich ohne Schneematsch und frisch geputzt. Auch die Lieblingsweihnachtsplätzchen und die allerliebsten Weihnachtswünsche der Kinder kannte der Schutzengel inzwischen.

„Wenn ich als junger Schutzengel bloß nicht ein Stück meiner Flügelspitze verloren hätte, dann könnte ich mich auch mal in den tiefen Schnee fallen lassen und für morgen früh einen richtig schönen Schneeengel für die Kinder machen. Sie würden sich bestimmt darüber freuen. Nun ja, daraus wird leider nichts! Immerhin – die anderen Schutzengel haben mich sehr gelobt, weil ich Sophia retten konnte. Das Eis, auf dem sie ihre neuen Schlittschuhe ausprobieren wollte, war für sie einfach noch zu dünn und für meinen Flügel leider zu hart. Das wussten wir damals beide dummerweise noch nicht.‟

Michael schaute in die kalte Winternacht und konnte sich nicht wirklich an den funkelnden Sternen erfreuen.

„Wenn ich mal vor Petrus am Himmelstor stehe, werde ich ihm sagen, dass ich meine Flügelspitze jeden Tag sehr vermisse.‟

Das wusste Petrus jedoch längst. Deshalb hatte er beschlossen, Michael zu besuchen, um ihn in Weihnachtsstimmung zu bringen.

„Hallo Michael!‟, Petrus saß plötzlich neben dem Schutzengel, der überrascht zusammenzuckte.

„Oh, Petrus, du hast vor Weihnachten Zeit für mich?!‟

„Ja, natürlich!‟

„Mhm‟, Michael wusste nicht so genau, warum Petrus ihn besuchte.

„Also, du vermisst deine Flügelspitze und du musst dir viel Mühe geben, um deine Aufgaben zu erledigen?‟

„Ja‟, kam es kleinlaut zurück.

„Aber es gelingt dir trotzdem, auf Groß und Klein aufzupassen und alle zu beschützen?‟

Petrus schaute in Michaels vor Aufregung leicht gerötetes Gesicht. Der Schutzengel nickte und murmelte ein leises ‚Ja.

„Und deshalb habe ich nie daran gezweifelt, dass du trotz deiner fehlenden Flügelspitze ein guter Schutzengel bist. Ich weiß natürlich, dass du es nie ganz leicht hattest.‟

Petrus machte ein geheimes Zeichen und wie ein kleines Wunder sauste ein Stern auf Michael zu und verschmolz an der fehlenden Flügelspitze mit den verbliebenen Engelsfedern.

„Hier kommt nun mein, wenn auch etwas verfrühtes Weihnachtsgeschenk für dich. Du kannst gleich zum tiefsten Schnee vor dem Kindergarten fliegen und einen Sternen-Schneeengel für die Kinder machen.‟

Petrus lächelte den Schutzengel an und verschwand so schnell, wie er zu ihm gekommen war.

Nachdem Michael seinen neuen Sternenflügel von allen Seiten betrachtet hatte, strahlte sein Gesicht so hell wie die Sterne am Nachthimmel.