Bratwurst

Gute Träume kommen in den Himmel

Zur Weihnachtszeit war im Himmel wieder einmal Hochkonjunktur bei den Traumengeln. Sie holten kleine Schachteln aus den Regalen, nahmen winzige Kärtchen heraus und bestäubten sie mit goldenem Feenstaub, damit die guten Träume die Karten verlassen und in die Köpfe der Menschen gelangen konnten.

Die blauen Schachteln im Regal waren für die Jungen, die roten für die Mädchen und die grünen für die Erwachsenen. Alle enthielten einen unvorstellbar großen Schatz schöner Weihnachts­träume: A wie Traum von leckeren Anisplätzchen, B wie Traum von Bratwurst, G wie Glühweintraum oder traumhafte Geschenke, K wie Kuss vom Weihnachtsmann oder W wie Traum vom Weihnachtsbaum stand in goldener Schrift auf den Karteikärtchen.

Die Traumengel schickten jede Nacht unzählige gute Träume auf die Erde und freuten sich, wenn die Menschen ihren Freunden am nächsten Tag den schönen Traum erzählten. Während der Traumzeit setzten sie sich jedes Mal auf die Bettkante und warteten das kleine Lächeln im Gesicht des schlafenden Menschen ab. Nach dem Lächeln schickte der Traumengel den guten Traum wieder auf das Kärtchen zurück und neuer goldener Feenstaub lag auf den Kopfkissen. Die Traumengel sammelten den Staub in einem winzigen Beutel und füllten ihn am nächsten Morgen in eine riesige, glänzende Kristallkugel im Himmel. In der folgenden Nacht rollten die Traumengel die Kristallkugel solange hin und her, bis genügend Feenstaub für die benötigten guten Traumkärtchen herausgefallen war.

Leider gab es etwas abseits im Himmel noch ein Regal, in dem nur schwarze Schachteln standen. Diese enthielten die schlimmsten Albträume, nach Alphabet geordnet: A für Attentat, B für Blutbad, G für Grausamkeit, K für Kriege und Z für Zuchthaus.

Insbesondere in der Weihnachtszeit streuten die Traumengel nur ungern schwarzen Feenstaub auf ein Albtraumkärtchen, damit der Traum geträumt werden konnte. Böse Träume schickten sie allen Menschen, die im vergangenen Jahr betrogen, gelogen, gestohlen und gemordet hatten. Die Traumengel mussten während des Albtraums nicht auf der Bettkante sitzen bleiben und das fürchterliche Traumende abwarten. Sobald der schlechte Traum die Karte verlassen hatte und vom Menschen geträumt worden war, warfen die Traumengel das Albtraumkärtchen in einen großen Ofen. Dort verbrannten alle Karten zu schwarzem Feenstaub, den die Traumengel in einem hässlichen Fass aufbewahrten. Glücklicherweise konnte kein Alptraum auf seine Karteikarte zurück und jeder wurde nur ein einziges Mal geträumt.

Die Traumengel vergossen immer ein paar Tränen, wenn sie in der Weihnachtszeit ein Albtraumkärtchen bestäuben und verschicken mussten. Aber sie freuten sich Jahr für Jahr, dass die Kärtchen in den schwarzen Schachteln weniger wurden. Und alle Traumengel im Himmel träumten jede Nacht davon, irgendwann nur blaue, rote und grüne Schachteln mit guten Träumen in den Regalen zu haben.