Kaum hatten sich ihre Eltern kurz mit dem Verkäufer über die Vorteile eines neuen Kaffeevollautomaten unterhalten, lief die fünfjährige Lisa schon durch die Weihnachtsausstellung des Kaufhauses. Sie ging um die Regale herum und warf einen raschen Blick in alle Weidenkörbe, die übervoll mit bunten Weihnachtskugeln waren. Nichts! – Lisa war enttäuscht! Aber die Eltern hatten ihr versprochen, gleich noch über den Weihnachtsmarkt zu gehen.
„Nun wartet doch auf mich!“, Lisa konnte ihnen nicht schnell genug durch die engen Gänge des Weihnachtsmarktes folgen. „Ich habe noch nicht alles an diesem Stand gesehen.“
Beide wunderten sich – warum interessierte sich Lisa heute für Glasartikel, wo sie sonst doch meinte, Deko in der Wohnung sei blöd und störe nur beim Toben. Na ja, vielleicht begeisterte ja der goldfarbene Schimmer auf den Glaskugeln ihre kleine Tochter.
„Endlich!“ – Lisa war überglücklich. Schnell griff sie in das kleine Körbchen hinein und klingelte so laut sie nur konnte mit dem Weihnachtsglöckchen. Alle drehten sich schon nach ihr um, und ihre Eltern ermahnten sie dazu, das Glöckchen wieder zurückzulegen.
Lisa zog einen Schmollmund. „Die Erwachsenen verstehen auch gar nichts!“, dachte sie.
„Lisa, wir möchten noch eine Kleinigkeit essen, magst du auch etwas?“
„Nein, danke, ich habe keinen Hunger. Darf ich mir noch einige Weihnachtsstände anschauen?“
„Na gut, aber gehe nicht zu weit von uns weg.“
Lisa strahlte, denn sie hatte wieder Glöckchen erspäht. Das durfte sie natürlich den Eltern nicht sagen. Mit ihren kleinen Händen griff sie flink in die Schachtel hinein und schüttelte die bunten Weihnachtsglöckchen mal mit der rechten und mal mit der linken Hand kräftig hin und her.
„Wenn dir eines davon gefällt, kannst du es dir kaufen. Frage doch mal deine Eltern. Aber nur damit klingeln, ist nicht in Ordnung“, sagte der Verkäufer zu Lisa.
Sie schüttelte traurig den Kopf. „Nein, wir haben vorhin schon unser ganzes Geld im Kaufhaus ausgegeben.“
Die Kleine ging wieder zu ihren Eltern zurück. Keiner der Erwachsenen schien zu wissen, wie wichtig es war, mit einem Weihnachtsglöckchen zu klingeln.
Lisa beschloss, später viele Glöckchen auf ihren Wunschzettel aufzumalen. Am Abend klebte sie ihn an die Fensterscheibe ihres Kinderzimmers, denn das Christkind hatte ihn im letzten Jahr dort abgeholt – und ihr sogar alle Wünsche erfüllt.
„Nanu?“, Lisas Mutter war überrascht, „nur Glöckchen auf deinem Wunschzettel? Haben sie dir heute auf dem Weihnachtsmarkt so gut gefallen?“
Lisa schüttelte energisch ihren blonden Lockenkopf. „Nein, ich möchte mit ganz vielen Weihnachtsglöckchen klingeln, und ihr solltet das auch tun.“
„Das verstehe ich nicht!“ – Lisas Mutter war ratlos.
„Immer, wenn ein Weihnachtsglöckchen klingelt, wachsen einem Engelchen Flügel. Und wenn ich ganz oft klingele, gibt es überall auf der Welt superviele davon. Die beschützen uns dann, wenn wir traurig, krank oder allein sind. Und das ist doch gut – oder?“
Lisas Mutter musste schlucken – dann drückte sie ihre Tochter fest an sich.
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